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Warum nicht zeigen, was man hat?

12. Juni, früh morgens heißt es: „Auf zu einer neuen Taxifahrt – von Jaipur auf nach Mandawa (wo genau das ist zeigt euch googlemaps) – auf zu den berühmten Havelis.“

„Auf in Richtung Ruhm und Glanz vergangener Handelskarawanen-Zeiten, deren Profiteure ihren Reichtum nicht durch Trauben-große Juwelen am Finger (also zu mindest nicht nur…) zur Schau stellten. Sondern gleich ihr gesamtes Haus mit den schönsten Miniaturmalereien, die man sich vorstellen kann, verzierten.

Für diese Form der Malerei, ist Rajasthan übrigens weltweit bekannt und wider des Wortes, muss es sich nicht immer nur um 1 x 1 cm große, bemalte Flächen handeln, denn es umschreibt in erster Linie den Detail-Reichtum. (Meine persönliche Reiseempfehlung: kleine Lupe und einen Reise-Gucker für Indien einpacken :) )

Das weiße Ross und sein Reiter.

Mit Super-Salim, meinem zuverlässigen Fahrer aus Jaipur und seinem weißen Ambassador flitzen wir ungewohnt zügig über erstaunlich frisch geteerte Straßen. Der chice Ambassador ist erfüllt mit indischer Musik, auf Wunsch von mir und mit Salims schwerem Parfum – definitiv kein Wunsch von mir! ;)

Das reibt er mir beim Einsteigen auch gleich einmal ungefragt und schneller als ich „Stop,“ sagen kann, in meinen Schal und streckt mir lächelnd einen damit getränkten Wattebausch fürs Ohr entgegen (die indische Form sich Parfum „aufzutragen“, wie ich lerne) – Wer kann da schon nein sagen :)

Ich fühle mich wie eine Prinzessin auf der durchgehenden, sehr bequemen Rückbank. Unter mir ein blaues Flanellhandtuch, es fühlt sich fast so an wie roter Samt. Fast eben wie für eine fast Prinzessin… :)

In Mandawa überlasse ich das Finden eines guten Hotels Salim. Er beweist, dass er gut vernetzt ist und trifft eine gute Wahl. Nach meiner Verhandlungs-Taktik aus „lieblichem Süßholzgeraspel und hart am Wind segeln“, erhalte ich auch den ursprünglich angepeilten Preis für ein Zimmer. Ist ja auch immerhin nur für eine Nacht.

Das Hotel und auch das ein oder andere Zimmer wären schon die 1500 Rupees wert, aber ich will nicht mehr als 600 bezahlen und wir landen dann bei 650. Ich in einem kleinen, schnuckeligen Zimmer mit Klimaanlage und dafür nehme ich auch ohne Murren den nächtens drei Stunden durchlaufenden Dieselgenerator, zur Notstromerzeugung, in Kauf. Und darf mir das ein oder andere schöne Zimmer per Privatführung genauer ansehen.

Hotel Heritage Mandawa

In der Honeymoon-Suite des Hotels heißt es: „Glitzer, glitzer, blink, blink, blink – Kitsch here we come“.  – Alles schön im Stil der alten Havelis, wenngleich auch „nur“ 70 Jahre alt. (Die ursprünglichen Haveli-Häuser sind nämlich gute 400 Jahre und zu mindest die meisten Malereien gute 200 Jahre alt …)

Für die Privatführung, will der sehr gesprächige Hotelangestellte auch aufs Foto … Na dann, bitte schön :)

Mandawas gute Seele „Ravi“.

Ein Guide für Mandawa steht (ungefragt, ob gewünscht) bereits parat und es stellt sich rasch heraus, dass Ravi wirklich ein guter, kompetenter Mann ist, der mich durch die kleine Stadt führt. Den Preis dafür lässt er mich passend zur Off-Season selbst gestalten und am Ende notiere ich mir seine Nummer, denn ich kann ihn nur wärmstens weiterempfehlen.

Der Detailreichtum der Haveli-Malereien ist einfach überwältigend. Ich kann bei manchen kaum meine Augen und Finger von lassen, bin ich doch fasziniert über die Hingabe, die Ausführung, das Alter, das Aussehen, die Farbenpracht.

Traumhaft. Die Reise hat sich gelohnt. Genauso lohnt es, dass ich mich nach vier Stunden Taxifahrt, einem knapp zweistündigen Stadtrundgang und noch immer gefühlten 34° am frühen Abend noch mal aus dem kühlen Zimmer begebe, um einen weiteren Schatz, ein stillgelegter Gold- und Silberladen in Mahansar, ca. 50 km im Umland von Mandawa, zu entdecken.

Die Fahrt dort hin ruckelt ordenltich. Die Erde wird mehr und mehr zu Sand und lässt erahnen, dass die Wüste Thar nicht mehr weit weg ist.

Ich sehe Räumlichkeiten, die sich nur gegen 100 Rupees (ein lächerlich kleiner Betrag für den Gegenwert!!!) Vorauszahlung auftun. (Taschenlampe einpacken; für 100 Rupees gibt’s noch kein Licht, das aber an manchen Stellen hilfreich ist, um noch mehr Details, als ohnehin schon, zu bestaunen :) ).

Danach geht es noch tief ins Innere eines alten Forts, wo noch immer die Nachkommen des Erbauers wohnen und erlebe zum ersten Mal, was passiert, wenn verschiedene Kasten-Angehörige aufeinander treffen.

Anfangs verwechsle ich Ravi’s plötzlich auftretende Nervosität, in Kombination mit dem Angebot der Inhaber, gerne etwas Alkohol trinken zu können und der Tatsache, dass ich die einzige weibliche Person in diesem ungeheuer großen und weitläufigem Fort bin, damit, dass hier in Anbetracht der Loyalität der Leute, etwas nicht stimmen kann.

Stimmt aber gar nicht, Ravi ist „nur“ nervös, weil ER sich nicht wohl fühlt als niederer Kasten-Angehöriger (was ich übrigens erst später erfahre) und wohl selber gerne weg möchte. Somit bringe ich uns mit der Aussage, sicher keinen Alkohol trinken zu wollen, um die Erfahrung, den für die Region so bekannten Wein und Likör zu verköstigen …

Ergo, die nächste Reiseempfehlung: ruhig bei einem Besuch dieser Region, jegliches Alkohol-Verköstigungsangebot annehmen; Salim meint am nächsten Tag etwas geknickt, es hätte sich echt gelohnt und ich meine, dass hätte er mir echt ruhig etwas deutlicher sagen können :)

Danach reitet uns der Ambassador brav durch die anbrechende Nacht „nach Hause“. Die Fenster heruntergekurbelt und meine Nase im warmen Wüstenwind antworte ich auf Ravi’s Frage: „Are you sleeping?“ mit nur zwei Worten: „No – enjoying.“

Dieses Wort halt aus den Mündern der zwei Männer wieder, danach macht sich die restlichen 45 Kilometer eine angenehme Zufriedenheit im Wagen breit, die untermalt ist von den Hindi-Klängen der beiden, deren Inhalt mir zwar verschlossen bleibt, aber die Gesamtsituation mir ein glückliches Lächeln auf die Lippen zaubert.

Kann so ein Tag noch runder sein, als ohne hin schon?

„Ja, er kann.“

Ich beschließe ihn mit einem leckeren Rajastani Gericht, namens „Ker Sangeri“ Eine angenehm würzige (nicht scharfe) Kombination aus Beeren und Wüsten-Bohnen in Joghurt + Reis und Chapati. LECKER!!! Gönne mir danach noch ein Bier und sitze zusammen mit zwei Hotelangestellten, in den gemütlichen Stühlen auf der kleinen Terrasse.

Der warme Wüstenwind erzählt während dessen von Karawanen, die einst mit den Schätzen Rajasthan’s in Mandawa Halt machten, damit Händler schönste und feinste Seidenstoffe, Gewürze, Malereien und Wüstenschiffe, gegen Juwelen, fremde Währungen und exotische Mädchen tauschen konnten …

2 Kommentare

  1. Liebe Carolin,
    Du verstehst es immer wieder mit Deinen schönen Geschichten und vorallem diesen fantastischen Bildern und Bildeindrücken, die Reise erlebbar zu machen. Eine nicht zu unterschätzender Aufwande, denn ich aber anbetracht der schönen Eindrücke gerne mit Dir teilen würde. Ein ander mal, oder wie man ja so schön im Volksmund auch sagt: „aufgeschoben, ist nicht aufgehoben.“

    Auf der Wasserkuppe in der Hochröhn traf ich vor zwei Tagen eine ältere Frau, die schon oft in Indien war. Indien mag, wenn ja, dann fährt man immer wieder hin, sage diese Frau, In diesem Sinne, falls Du das wieder mal vor hast nach Indien zu fahren, dann komme ich, und wenn meine liebe Partnerin Zeit hat, wir gemeinsam auf solch eine Reise mit. Jetzt begleite ich Dich immer in Gedanken.

    Ganze liebe Grüsse und weiterhin viel Freude
    Vati

  2. Pingback: Holy shit. « Linda Tiga

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